Zur Biologie myrmekophiler Kurzflügelkäfer der Gattung Pella (Coleoptera, Staphylinidae) in Baden-Württemberg unter besonderer Berücksichtigung von chemischer Verteidigung und Mimikry

Autor/innen

  • Michael Stöffler

DOI:

https://doi.org/10.26251/jhgfn.164.2008.171-195

Schlagworte:

Myrmekophilie, Pella, Lasius fuliginosus, Alarmpheromone, chemische Mimikry

Abstract

Myrmekophilie, d. h. das Zusammenleben von Tieren mit Ameisen, ist ein seit langem bekanntes und faszinierendes Phänomen. Innerhalb der Käferfamilie der Kurzflügelkäfer (Staphyliniden) sind auffallend viele myrmekophile Arten zu finden und es wird angenommen, dass bestimmte Drüseninhaltsstoffe den Käfern das Zusammenleben mit den Ameisen ermöglichen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das Sekret der Tergaldrüse von fünf verschiedenen Pella-Arten (P. cognata, P. funesta, P. humeralis, P. laticollis und P. lugens) untersucht. Es enthält Chinone und neben anderen aliphatischen Bestandteilen meist große Mengen Undecan, das bei vielen Aleocharinen als Lösungsmittel der Chinone dient. Des Weiteren wurde bei drei Käfern (P. cognata, P. funesta und P. humeralis) 6-Methyl-5-hepten-2-on (Sulcaton) gefunden. Sowohl Undecan als auch Sulcaton sind als Alarmpheromone bei der glänzendschwarzen Holzameise Lasius fuliginosus, dem Hauptwirt dieser Käfer, bekannt. In Biotests zeigte sich, dass Sulcaton eine deterrente Wirkung auf Arbeiter von L. fuliginosus hat und daher eher zu den Alarmpheromonen zu zählen ist, die zu Flucht führen. Im Gegensatz dazu lösten die Substanzen Undecan und Chinon aggressives Verhalten bei L. fuliginosus aus. Undecan gehört damit zu den Alarmpheromonen, die eher Angriff auslösen. Mischt man Undecan und Chinon mit Sulcaton, wie es im Sekret der Käfer passiert, ist keine aggressionsauslösende Wirkung mehr festzustellen. Sulcaton ist offenbar in der Lage, die aggressivitätssteigernde Wirkung von Undecan und Chinon zu blockieren, und spielt so eine wichtige Rolle bei Interaktionen der Käfer mit ihrer Wirtsameise L. fuliginosus. Dies deutet auf chemische Mimikry der Alarmpheromone durch die Käfer hin. Es wird diskutiert, welche weiteren Mechanismen bei Interaktionen mit Ameisen insbesondere bei den Käfern, die nicht über Sulcaton verfügen, zum Tragen kommen und inwieweit die Unterschiede innerhalb der Käfer-Arten zu einer Besetzung unterschiedlicher ökologischer Nischen im Ameisennest führen. Abschließend wird anhand der Daten zur Chemie der Tergaldrüse ein hypothetischer Stammbaum für die Lomechusini erstellt, der auch mit morphologischen Unterschieden zur Deckung zu bringen ist.

Downloads

Veröffentlicht

2008-12-15