Die Entstehung und frühe Evolution des Lebens

Autor/innen

DOI:

https://doi.org/10.26251/jhgfn.179.2023.451-521

Schlagworte:

Chemische Evolution, Eisen-Schwefel-Welt, RNA-Welt, RNA-Protein-Welt, LUCA, GOE, Archaikum, Proterozoikum, Asgardarchaea, Eukaryoten-Zelle, Ediacarium, Faunenwende

Abstract

Ausgehend vom Anfang der Entwicklung der Erde und ihrer Atmosphäre wird die mögliche Bildung organischer Verbindungen unter den damaligen Bedingungen beschrieben. Alle biologisch relevanten Stoffgruppen konnten entstehen. Noch nicht hinreichend untersucht sind Netzwerke von Reaktionen; ungelöst ist die Entstehung der Homochiralität bei Biomolekülen. Vorstufen eines biologischen Stoffwechsels (Prämetabolismus) entstanden wahrscheinlich im hydrothermalen Bereich an den als „Schwarze Raucher“ bezeichneten Tiefseevulkanen oder an Schloten des „Lost City“-Typus, die auch im Flachmeer vorkommen. Durch Einschluss der Reaktionen in Lipid-Vesikel werden höhere Konzentrationen erreicht, die weitere Synthesen ermöglichen, so dass Makromoleküle entstehen, die untereinander in Wechselwirkung treten. Mit Ribopolynucleotiden kann eine RNA-Welt oder durch Reaktionen mit Peptiden vielleicht unmittelbar eine RNA-Protein-Welt zustande gekommen sein. Dadurch können sich Hyperzyklen bilden, aus denen durch Evolution der Translation und des genetischen Codes infolge der Selektion Protobionten hervorgehen, die sich zum LUCA, dem letzten gemeinsamen Vorfahr aller rezenten Lebewesen entwickelten. Die Evolution im Archaikum führte früh zur Bildung der zwei Domänen Bacteria und Archaea. Die Photosynthese entstand zunächst ohne Wasserspaltung (anoxygen). Mit der Entwicklung der letzteren kam es zur Bildung freien Sauerstoffs (zunächst 0,2 %) und dadurch zum GOE (great oxidation event), der die Verhältnisse grundlegend veränderte. Im Proterozoikum entstand nun die eukaryotische Zelle durch Cytosymbiose. Wahrscheinlich hat ein Vertreter der Asgardarchaea eine Bakterienzelle aufgenommen, aus der dann das Mitochondrium hervorging. Eine Rückbildung von Mitochondrien kann bei Eukaryoten aber bis zu deren Verlust führen. Die Plastiden sind aus einer Symbiose mit einem Cyanobacterium hervorgegangen; eine sekundäre Endosymbiose gibt es als Folge der Aufnahme einer autotrophen durch eine heterotrophe eukaryotische Zelle. Im mittleren Proterozoikum entstanden in mehreren Gruppen getrennt voneinander Vielzeller. Im späten Proterozoikum entwickelten sich mehrere Stämme der Metazoen. In der letzten Periode des Proterozoikums, dem Ediacarium, entstanden zahlreiche Formen, die nicht in rezente Gruppen eingeordnet werden können. Sie starben am Ende dieser Zeit aus, wahrscheinlich infolge der Zunahme von Sedimentfressern, die den Meeresboden durchwühlten, sowie der Entstehung erster hartschaliger Organismen. Bei den Metazoa konnten nun rasch viele neue Formen entstehen, so dass im Laufe des Kambriums alle Phyla auftreten (kambrische Faunenwende).
Die Befunde der Phylogenomik erlauben die Einteilung der Eukaryoten in 6–8 Superphyla.

Veröffentlicht

2023-12-15