Zur Vegetationsgeschichte des Westallgäus anhand eines hochaufgelösten Pollenprofils aus dem Obersee, Gemeinde Kißlegg, Landkreis Ravensburg

Autor/innen

DOI:

https://doi.org/10.26251/jhgfn.180.2024.095-120

Schlagworte:

Vegetationsgeschichte, Seeablagerungen, Westallgäu, Spätwürm, Holozän

Abstract

Ein neun Meter langer Bohrkern aus der Mitte des Obersees in Kißlegg, bei 15,5 m Wassertiefe entnommen, wurde in engen Probenabständen und großenteils lückenlos pollenanalytisch bearbeitet und mit zehn Radiocarbondaten absolut datiert. Das Pollendiagramm spiegelt die Vegetationsgeschichte der letzten 13 Jahrtausende wider. Folgende Phasen sind erkennbar: Kältesteppe – Zwergstrauchtundra – Gebüsche mit Wacholder und Sanddorn – Birkenwälder – Kiefernwälder – Haselgebüsche – Ulmen-Eichen-Wälder mit Linde, Esche, Ahorn – Buchenwälder, in denen sich zunehmend Weißtanne und Fichte beteiligen. Im späten fünften Jahrtausend v. Chr. manifestiert sich erstmals menschlicher Einfluss durch Kulturzeiger- und Apophytenpollen. Der menschliche Eingriff während der späten Jungsteinzeit äußert sich auch im Rückgang der Buche sowie der Zunahme von Hasel und Birke, Ausdruck von Niederwaldwirtschaft und Wald-Feldbau. Zu deutlicher, dauerhafter Entwaldung kommt es ab der Bronzezeit und verstärkt in der späten Eisenzeit. Rückgänge der Landnutzung sind jetzt mit Wiederbewaldung über ein Birken-Vorwaldstadium verknüpft. Zwischen 200 v. Chr. und 700 n. Chr. ist der menschliche Einfluss wieder relativ schwach. Nachfolgend kommt es rasch zu großflächiger Entwaldung, die im Hochmittelalter ihren Höchststand erreicht. Der Hanfanbau schlägt sich pollenanalytisch im Sediment nieder. Die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Krisen drücken sich in mäßiger Wiederbewaldung aus. Danach, ungefähr während der letzten 200 Jahre, gewinnt zwar Grünlandwirtschaft wachsende Bedeutung, doch ist Ackerbau bis in die jüngste Zeit fassbar. Die Wälder werden zu Forsten mit Fichte und Kiefer. Der wachsende menschliche Eingriff führt zu verstärkter Sedimentbildung im See.

Veröffentlicht

2024-12-31