Friedrich von Huene (1875–1969) und seine Beiträge zur Alphataxonomie der Dinosaurier (Reptilia: Saurischia, Ornithischia) – eine kritische Würdigung

Autor/innen

DOI:

https://doi.org/10.26251/jhgfn.176.2020.117-219

Schlagworte:

Mesozoikum, Dinosauria, Saurischia, Ornithischia, Taxonomie, Nomenklatur, Forschungsgeschichte

Abstract

Die Beiträge des Tübinger Wirbeltierpaläontologen Friedrich Baron Hoyningen-Huene (1875-1969; Taf. 1, Fig. 1-3) (bekannter als Friedrich Freiherr von Huene) zur Alphataxonomie der Dinosaurier auf Artebene werden im Detail diskutiert. Alle der 71 durch von Huene aufgestellten Dinosaurierarten werden im Hinblick auf ihre Nomenklatur und Validität evaluiert, sowie strittige und fragliche Punkte aufgezeigt und diskutiert. Die Arten Plateosaurus quenstedti von Huene, 1907 und Palaeosaurus diagnosticus von Huene, 1932 sind jüngere objektive Synonyme von Zanclodon quenstedti Koken, 1900 und Thecodontosaurus diagnosticus E. Fraas, 1913. Der derzeitige Kenntnisstand der Prosauropoden der mitteleuropäischen Obertrias legt nahe, die Gattung Sellosaurus von Huene, 1908 für die Art Sellosaurus gracilis von Huene, 1908 beizubehalten, um die überaus komplexe Nomenklatur und Taxonomie der Gattung Plateosaurus von Meyer, 1837 nicht unnötig zu belasten. Die Autorenschaft der Theropoden-Taxa, die in der Monographie von Huene & Matley (1933) aus der indischen Oberkreide beschrieben wurden, ist von Huene in von Huene & Matley, 1933: alle anderen in der Literatur kursierenden Versionen sind nomenklatorisch nicht korrekt. Für die Arten Thecodontosaurus primus, Laevisuchus indicus und Dryptosauroides grandis wird ein Lectotypus fixiert. Von Huenes taxonomische Arbeit wird detailliert verglichen mit damaligen und gegenwärtigen taxonomischen Bemühungen im Bereich der Dinosaurierforschung. Von Huene hat keine „Überzersplitterung“ des von ihm bearbeiteten Fossilmaterials vorgenommen, sondernerweist sich als besonders „optimistischer“ Benenner neuer Dinosauriertaxa im Sinne von Benton (2010). Hauptgrund dafür war, wie eine genaue Analyse erweist, vor allem das vergleichsweise qualitativ oft schlechte Material, das er bearbeitete und auch dessen geographische Herkunft, was Interpretationen durch Benton (2010) teilweise widerspricht. Einige in der bisherigen biographischen und wissenschaftshistorischen Literatur über Friedrich von Huene obskur gebliebene Punkte werden genauer analysiert, so sein scheinbares Desinteresse an den Vogelbecken-Dinosauriern (Ornithischiern), ebenso wie an den überreichen Dinosaurierfunden seiner Zeit aus Nordamerika, sowie sein, nach jahrzehntelanger intensiver Beschäftigung, schlagartig erlahmendes Interesse an den Dinosauriern insgesamt zu Beginn der dreißiger Jahre. Gründe dafür finden sich möglicherweise sowohl in den politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Zeit von 1914 bis 1948, in gescheiterten Plänen und verpassten Gelegenheiten, wie auch in Friedrich von Huenes besonderer Freundschaft zu dem ungarischen Dinosaurierexperten Franz Baron Nopcsa von Felsö-Szilvas (1877-1933).

Veröffentlicht

2021-08-04